Warum die „Neue-Welt-Übersetzung“ der Zeugen Jehovas bewusst irreführend ist – ein kritischer Vergleich mit dem griechischen Urtext und der Übersetzung Luthers

Um geistige Aussagen verstehen zu können, muss die Seele eines Menschen bereits geistig erweckt sein. Solange ein Mensch geistlos und rein irdisch ausgerichtet ist, erscheint ihm das Wort Gottes bedeutungslos und nichtssagend. Weiterhin ist Bedingung, dass der Mensch auch vom Geist Gottes erfüllt ist, denn auch Gottes Gegenspieler und seine gefallenen Engel sind Geister, die den Menschen beeinflussen wollen und leichtes Spiel haben, ihn in die Irre zu führen, wenn er nicht bereits mit Gott verbunden ist.

Beide Feststellungen bewahrheiten sich einerseits hinsichtlich des Desinteresses der meisten Menschen für die Bibel und andererseits hinsichtlich ihrer widersprüchlichen Auslegung durch die verschiedenen religiösen Organisationen, die sich auf sie berufen. So betrifft eine der zentralen Streitfragen das Wesen Gottes selbst, da Geistlose bzw. von bösen Geistern Verführte unmöglich begreifen können, was Geist ist. Zum einen resultiert dies in der Irrlehre des Heiligen Geistes als einer von Gott zu unterscheidenden Person, zum anderen im Unverständnis dessen, dass Jesus Christus mit Gott, Jehova, identisch ist. Denn „Gott ist ein Geist“ (Joh. 4,24) und als solcher nicht als menschliche Person aufzufassen. Sehr wohl kann Er aber von einem Menschen Besitz ergreifen und ihn erfüllen, was bei Jesus Christus derart vollkommen geschehen ist, dass Er mit Gott, Jehova, identisch ist.

Gott selbst ist Liebe und Wahrheit. Um sich mit Ihm zu verbinden, muss man also sein Leben an diesen beiden Werten ausrichten, und man wird unweigerlich von Seinem Heiligen Geist ergriffen. Zuvor ist ein Verständnis Seines Heiligen Wortes nicht möglich.

Während daher Diskussionen über die richtige Auffassung von Gottes Wort vergeblich sind, solange eine Seele nicht von Seinem Geist erfüllt ist, lässt sich auch durch reines Verstandesdenken verifizieren, wenn Gottes Wort mutwillig verändert wird. Dies ist der Fall bei der „Neue-Welt-Übersetzung“ der Bibel durch „Jehovas Zeugen“, deren deutsche Version auf der 1950 veröffentlichten und seitdem mehrfach revidierten englischen Übersetzung beruht.

Es finden sich zahlreiche Artikel zu dieser Übersetzung, die Manipulationen nachweisen. An dieser Stelle sollen drei Beispiele genügen, um die Unwahrhaftigkeit der Übersetzung zu belegen.

Zu Anfang seines Evangeliums schreibt Johannes: „Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος, καὶ ὁ λόγος ἦν πρὸς τὸν θεόν, καὶ θεὸς ἦν ὁ λόγος“ (Nestle-Alland 28).

Luther (1522) übersetzt wörtlich: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“

Übereinstimmend damit die King-James-Bibel (1611): „In the beginning was the Word, and the Word was with God, and the Word was God.“ Hier ist die Stellung des durch ein „und“ („καὶ“) verbundenen letzten Satzes „θεὸς ἦν ὁ λόγος“ geändert, was aber am Sinn nichts ändert.

Die „Neue-Welt-Übersetzung“, die keine direkte Übersetzung aus dem Griechischen ist, sondern auf der erwähnten Neuübersetzung ins Englische beruht, verändert nun aber den Sinn, indem sie diese Umstellung übernimmt und zudem ein Wort hinzufügt: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war ein Gott.“

Im Altgriechischen gibt es keinen unbestimmten Artikel, aber die Entscheidung, ob im Deutschen oder ähnlichen Sprachen ein unbestimmter Artikel hinzugefügt werden muss, gehorcht logischen Gesetzen. So wird man „Ἀχιλλεύς ἦν ἥρως“ (wörtlich „Achilles war Held“) korrekt als „Achilles war ein Held“ übersetzen. Dies beruht auf dem Kontextwissen, dass es neben Achilles noch weitere Helden gab. Einen unbestimmten Artikel bei „Achilles“ hinzuzufügen – „Ein Achilles war (ein) Held“, ist aber unsinnig.

Durch Gott, Jehova, selbst wissen wir, dass es nur einen Gott gibt, und wir haben das Gebot „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ (Moses 2:20,3). „Gott“ („θεὸς“) und „Jehova“ sind also Synonyme. Daher hat die Verwendung des unbestimmten Artikels „ein“ in der „Neue-Welt-Übersetzung“ schwerwiegende theologische Implikationen, da sie suggeriert, dass es neben Gott, Jehova, noch weitere Götter gibt.

Wenn man darüber unterrichtet ist, inwieweit sich die Lehre der „Zeugen Jehovas“ von dem unterscheidet, was Gottes Wort tatsächlich besagt, so wird klar, dass es sich hier nicht um einen Fehler aus Unachtsamkeit oder mangelnden Sprachkenntnissen handelt, sondern um eine bewusst irreführende Übersetzung, durch die die Irrlehre der „Zeugen Jehovas“ gerechtfertigt werden soll.

Bei Johannes (10,30) heißt es unmissverständlich: „Ich und der Vater sind eins“ – was in diesem Fall sogar in der „Neue-Welt-Übersetzung“ steht. Im Widerspruch dazu lehren Jehovas Zeugen aber, dass Jesus identisch mit dem Erzengel Michael und damit mit einem von Jehova geschaffenen und von Ihm unterschiedlichen Geist sei – der anscheinend als „Gott neben Gott“ aufgefasst wird, wie die irreführende Übersetzung, das „Wort“ sei „ein Gott“ nahelegt.

Während die obige Aussage (Joh. 10,30) bezüglich der Einheit von Jesus und Jehova eindeutig ist, findet sich für die Behauptung der Zeugen Jehovas kein Beleg in der Bibel. Schauen wir uns ihre Scheinbegründung an. Auf ihrer Netzseite heißt es:

„Michael ist der Erzengel (Judas 9). Den Titel „Erzengel“, was „oberster Engel“ oder „Anführer der Engel“ bedeutet, findet man nur in zwei Bibelversen. In beiden Versen wird nur von einem einzigen Erzengel gesprochen, was nahelegt, dass auch nur ein Engel diesen Titel trägt. In einem dieser Verse wird über Jesus im Himmel gesprochen. Es heißt dort: „[Er] wird vom Himmel herabkommen mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels“ (1. Thessalonicher 4:16). Jesus kann mit der „Stimme eines Erzengels“ sprechen, weil er der Erzengel ist.“

Wieder wird hier auf billige Weise Verwirrung gestiftet. Die entsprechende Aussage lautet im Kontext (Luther): „Als aber Michael, der Erzengel, mit dem Teufel stritt und mit ihm rechtete um den Leichnam des Mose, wagte er nicht, ihn für die Lästerung zu verurteilen, sondern sprach: Der Herr strafe dich!“

Die hiervon nicht wesentlich abweichende Neue-Welt-Übersetzung: „Anders der Erzengel Michael: Als er eine Auseinandersetzung mit dem Teufel hatte und sich mit ihm um den Körper von Moses stritt, wagte er es nicht, mit abfälligen Worten ein Urteil über ihn zu sprechen, sondern sagte: „Jehova soll dich in die Schranken weisen.“

Dieser „Beweis“ ist genauso überzeugend, wie wenn von einem Text, in dem man einmal von „dem Komponisten Richard Wagner“ liest, ableiten würde, dass es nur einen Komponisten gibt, nämlich Richard Wagner.

Der zweite Verweis beruht wieder auf einer irreführenden Übersetzung. Das griechische Original lautet:

„ὅτι αὐτὸς ὁ κύριος ἐν κελεύσματι, ἐν φωνῇ ἀρχαγγέλου καὶ ἐν σάλπιγγι θεοῦ, καταβήσεται ἀπ’ οὐρανοῦ καὶ οἱ νεκροὶ ἐν Χριστῷ ἀναστήσονται πρῶτον“

Die „NWÜ“ übersetzt: „Denn der Herr selbst wird mit einem lauten Befehl, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Trompete Gottes vom Himmel herabkommen, und die in Gemeinschaft mit Christus Verstorbenen werden zuerst auferstehen.“

Luther übersetzt: „Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Ruf ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und die Toten werden in Christus auferstehen zuerst.“

Dass Luther hier richtig übersetzt, ist offensichtlich, wenn man die von Engeln geblasenen sieben Posaunen aus der Offenbarung des Johannes berücksichtig. Durch die Präposition „ἐν“ wird also ein Miteinander bzw. eine Gleichzeitigkeit ausgedrückt, aber keine Identität. Darüberhinaus wird hier die Scheinlogik des ersten Zitats widerlegt, denn hier erfährt man ja durch die Verwendung des unbestimmten Artikel „eines“, dass es wohl doch mehrere Erzengel gibt und nicht nur den einen.

Weiterhin behaupten die Zeugen Jehovas, da Michael als „der große Fürst“ (aber auch „einer der ersten Fürsten“, wie sie selbst schreiben!) und Anführer des Engelheeres bezeichnet wird, müsse er identisch mit Jesus sein, da es „nicht sinnvoll sei“, anzunehmen, dass Gott für die Engel „zwei konkurrierende Anführer“ bestimmt hätte. Auch hier handelt es sich um haltlose Scheinlogik, denn genauso wie es mehrere Fürsten geben kann, kann es auch mehrere Anführer bzw. Generäle, Hauptleute, Oberste etc. geben, v.a. wenn über diesen ein König bzw. Herr steht, nämlich Jesus-Jehova.

Da Jehovas Zeugen auch die Begriffe „Vater“ und „Sohn“ als Scheinargumente verwenden, sei hier wiederholt, was bereits im ersten Artikel hier zu ihnen zu lesen war:

„Vater“ und „Sohn“ sind menschliche Worte, die u.a. zum Ausdruck bringen, dass Jehova (der „Vater“) als ewiger Geist von Anbeginn da war, Er Sich uns aber erst in Jesus Christus (dem „Sohn“) als Mensch offenbart hat, so wie es durch Johannes erklärt wird. Ergänzend dazu gibt es die Licht-Metaphorik: Jesus als „Licht der Welt“ (Joh. 8,12) ist untrennbar mit der Quelle des Lichtes, Jehova, verbunden. Die Flamme und das von ihr ausgehende Licht werden zwar in unserer menschlichen Terminologie mit zwei Wörtern bezeichnet, aber dennoch sind sie untrennbar eins.

Es sollte deutlich zur Genüge sein, wie die „Neue-Welt-Übersetzung“ den griechischen Urtext teils irreführend verfremdet und wie sie teils irreführend ausgelegt wird. Klar ist auch, warum dies geschieht: Menschen, die durchaus fähig sind, an einen Gott zu glauben und auch in der Bibel nach Informationen über Ihn suchen, sollen davon abgehalten werden, Ihn zu finden, da ihnen hier ein falsches Gottesbild vermittelt wird, hinter dem Luzifer, der Fürst der Finsternis und d.h. der Lüge steht.

Jesus sagt uns nicht nur, dass Er und der Vater eins sind, sondern ebenfalls: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Joh. 10,9.). Wer sich also an einen falschen Jesus und einen falschen Jehova wendet, nämlich den Fürst der Finsternis, der hinter diesem Betrug steckt, wird nicht zu Gott finden.

Dies ist auch leicht zu erkennen, wenn man das Gotteswort „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Matt. 7,16) anwendet. Die Geschichte der Organisation ist von Irrtümern, Streit und Entzweiung geprägt, sie kontrolliert ihre Mitglieder auf Linientreue und nimmt ihnen damit ihre geistige Freiheit, und sie nutzt sie finanziell aus, um ihr weltweites, hierarchisch aufgebautes Netzwerk der Missionierung und Kontrolle aufrecht zu erhalten.

Für die einfachen Mitglieder, die sich durch ihren als echt empfunden Glauben und ihr Bemühen, Jehova näherzukommen, auszeichnen, ist dies bedauerlich. Ihnen sei, wie bereits im ersten Beitrag zu den Zeugen Jehovas im Archiv, Folgendes gewünscht:

Ich hoffe, dass auch Sie der eingangs zitierten Aufforderung nachkommen, alles zu prüfen, und dass Sie durch die wahre und tätige Nächstenliebe Gottes Heiligen Geist der Liebe und Wahrheit empfangen und dadurch von allen menschlich-weltlichen Missverständnissen befreit werden und zu Mitgliedern der wahren Kirche Jesu Christi werden, die nicht weltlich sondern geistig ist.

Mit herzlichen Grüßen

Sternbald

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